KI-Kompetenz als strategischer Imperativ: Die Anforderungen des AI Act und ihre Auswirkungen auf Unternehmen

Recht

Mit 1. Februar 2025 ist die explizite Forderung des Artificial Intelligence Act (AIA) nach KI-Kompetenz in Kraft getreten. Diese geht weit über bloße digitale Kompetenzen hinaus und stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung der KI-Kompetenz im Kontext des AIA, die damit verbundenen Anforderungen und gibt praktische Empfehlungen für eine erfolgreiche Implementierung.

Der AIA definiert KI-Kompetenz in Art. 3 Ziffer 56 als „die Fähigkeiten, die Kenntnisse und das Verständnis, die es Anbietern, Betreibern und Betroffenen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Verordnung ermöglichen, KI-Systeme sachkundig einzusetzen sowie sich der Chancen und Risiken von KI und möglicher Schäden, die sie verursachen kann, bewusst zu werden.“ Es handelt sich also um ein umfassendes Verständnis, das sowohl technische Aspekte als auch rechtliche und ethische Implikationen einschließt.

Art. 4 des AIA verpflichtet Betreiber und Anbieter von KI-Systemen dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass ihr Personal und andere beteiligte Personen über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Die konkreten Maßnahmen hängen dabei vom eingesetzten KI-System oder -Modell sowie dessen Risikostufe ab. Dies bedeutet:

  • Differenzierte Anforderungen: Die Kompetenzanforderungen unterscheiden sich je nach Rolle und Verantwortungsbereich. Während Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen bereits in der Entwicklungsphase ein tiefes technisches Verständnis benötigen, um eine wertkonforme und sichere KI zu gewährleisten, genügt einem Betreiber, der ein System lediglich anwendet, möglicherweise ein anderes Kompetenzniveau.
  • Interdisziplinärer Ansatz: KI-Kompetenz ist kein isoliertes Thema. Sie erfordert Kenntnisse in technischen Bereichen (z.B. LLM Operations, Vector Database Administration), aber auch im rechtlichen und ethischen Kontext – insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Sicherheit.

Die Einhaltung des Art. 4 AIA ist nicht nur eine Frage der Compliance, sondern bietet gleichzeitig die Chance, KI strategisch zu nutzen und Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Hier einige Empfehlungen:

  • KI-Strategie: Eine schriftlich fixierte KI-Strategie ist unerlässlich. Sie sollte die Ziele des Unternehmens im Bereich KI definieren und den Kompetenzaufbau adressieren.
  • KI-Richtlinie: Die Entwicklung einer internen KI-Richtlinie, die unternehmensintern leicht abrufbar ist, schafft Klarheit und Transparenz.
  • Schulungs- und Wissensvermittlungskonzept: Ein strukturiertes Konzept für Schulungen und Weiterbildungen ist notwendig. Dabei können flexible Formate wie interaktive Workshops, Vorträge oder e-Learnings eingesetzt werden.
  • Dokumentation: Eine umfassende Dokumentation aller durchgeführten Schulungen (z.B. im Personalakt) dient als Nachweis der Compliance gegenüber den Aufsichtsbehörden.
  • Kundendienstzentren: Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit generativer AI Copilots zur effizienteren Bearbeitung von Kundenanfragen und zur Personalisierung des Kundenerlebnisses.
  • Versicherungsunternehmen: Weiterbildung der Schadensgutachter in der Nutzung von KI-gestützten Tools zur Risikobewertung und Betrugserkennung.
  • Finanzdienstleister: Vermittlung von Kenntnissen über die ethischen Aspekte des Einsatzes von KI im Bereich Kreditrisikoanalyse und algorithmischer Handel.

Der AI Act stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Mitarbeiter für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu qualifizieren. Die Investition in KI-Kompetenz ist jedoch nicht nur eine regulatorische Notwendigkeit, sondern auch ein strategischer Imperativ, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen und langfristig erfolgreich zu sein. Unternehmen, die jetzt handeln und ihre Mitarbeiter befähigen, werden sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.

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